Wer kennt sie nicht, die Geschichten von mittelalterlichen Turnieren, den Tjosten, in denen Ritter nicht nur zur Unterhaltung der Massen oder um die Gunst der adligen Jungfrauen, sondern vor allem auch aus sportlichem Ehrgeiz in Waffen gegeneinander antraten.
Weniger bekannt sein dürfte das so genannte Buhurt, eine Schlacht verschiedener Kriegergruppen mit stumpfen Waffen, in der eine maximale Realitätsnähe zum echten Gefecht erzielt wurde.
Doch kaum Jemand kennt die Ursprünge dieser Wettkämpfe, die deutlich weiter zurückreichen, als in das historisch weitgehend erschlossene Mittelalter.
Immer noch gilt die Ritterschaft als Urheber dieser Art von sportlicher Auseinandersetzung…doch gab es das Training und den Wettbewerb im bewaffneten „Kampfsport“ schon sehr viel früher.
Man kann wohl davon ausgehen, dass es schon bronzezeitliche Kriegereliten gab, doch da es aus dieser Zeit an Überlieferungen mangelt, setzen wir in einer besser dokumentierten Epoche an, der Antike.
Die Wurzeln des bewaffneten Kampfsportes, also der bewaffneten Auseinandersetzung ohne das vorrangige Ziel zu töten, sind im antiken Rom zu finden. Unter der Leitung von Fechtmeistern, den armaturae doctores, entstanden Fechtschulen zur Ausbildung von Gladiatoren, die zur Unterhaltung der Zuschauer Schaukämpfe austrugen.
Doch nicht nur in den Kampfschulen der Arenen wurde trainiert, besonders hart gedrillt wurden auch die Legionäre des römischen Imperiums.
Da wurde nicht nur exerciert, geschanzt und Formationen geübt, nein, auch die körperliche Fitness der Soldaten und deren Fertigkeiten im Umgang mit ihren Waffen wurden durch ständiges Training geschult und im internen Wettkampf sportlich geprüft, denn im Zweifelsfall musste der Legionär in der Lage sein sich allein, ohne den Schutz seiner Kameraden und den Vorteil einer taktischen Formation zu behaupten.
Und die Gegner waren oftmals gefürchtete, bisweilen aufgrund ihrer Kampfkraft gleichsam vermystifizierte Krieger, denen im Zweikampf nur beizukommen war, wenn man in bester körperlicher und geistiger Verfassung gegen sie antrat und seine Waffen in Perfektion beherrschte.
Solche Gegner waren seinerzeit unsere Vorfahren, die sogenannten Germanen, welche die weiten, den Römern unheimlichen und unbekannten Wälder nördlich des Imperiums, jenseits der Alpen bevölkerten.
Was wissen wir über ihre Fertigkeiten im Umgang mit ihren Körpern und Waffen?
Man braucht überhaupt nicht lange zu recherchieren um einiges Beeindruckende und manches schier Unglaubliche zutage zu fördern.
Verschiedene antike Quellen zeichnen ein Bild vom kriegerischen germanischen Riesen, dessen größte Freude der Kampf und „das Messen der Kräfte“ gewesen sein soll, während sie Arbeit als lästige Zeitverschwendung ansahen…doch dürften solche Darstellungen vor allem der Propaganda gedient haben.
Sicherlich war der überwiegende Teil der germanischen Bevölkerung zum Beginn unserer Zeitrechnung mit ganz alltäglichen Dingen, wie dem Nahrungserwerb, dem Handel oder schlicht seiner Familie beschäftigt, war also eher Bauer als Berufskrieger…allerdings wissen wir auch von Ausnahmen.
Schon Julius Cäsar zeigte sich beeindruckt von den Kampftechniken der suebischen Krieger unter Ariovist und deren unglaublicher Leistungsfähigkeit in der Schlacht.
So wird berichtet, dass die suebischen Krieger, eigentlich ursprünglich in den undurchdringlichen Urwäldern zwischen Elbe und Oder zu Hause, über die ungewöhnlichsten Kampftaktiken zu Pferde verfügten.
Kombinationen wie „3 Krieger – 2 Pferde“, bei denen zwei Reiter einen dritten Krieger, meist einen auf den Kruppen beider Pferde stehenden Lanzenschleuderer in vollem Galopp an die feindlichen Linien brachten, wo er einen Wurfspieß nach dem anderen in den Reihen seiner Gegner versenkte oder „2 Krieger – 1 Pferd“, also „tactical teams“ bei der sich zwei Kämpfer, abwechselnd als Läufer oder Reiter, gegenseitig schützend und taktisch zuarbeiten, erfordern nicht nur ein Höchstmaß an körperlicher Fitness, sondern auch eine entsprechende Routine im Umgang mit ihren Mitteln, ihren Gegnern und den ständig neuen Situationen.
Das sind keine Fähigkeiten, die man mal eben so nebenbei nach Feierabend, auf dem Weg vom Acker an den heimischen Herd übt.
Betrachtet man die Kampfweise der von den Semnonen abstammenden suebischen, bzw. elbgermanischen Stämme schon zum Beginn der römischen Kaiserzeit, kommt man nicht umhin, hier ein intensives multiples Trainingsprogramm vorauszusetzen, denn eins war damals schon so wahr wie heute: Von nichts kommt nichts.
Wie groß die Kampfkraft germanischer Krieger im direkten Konflikt Mann gegen Mann war, verdeutlicht die so genannte Varus-Schlacht, in welcher die Römer gezwungen waren auf ungünstigem Gelände zu kämpfen, welches die üblichen taktischen Manöver nicht zuließ und in der aufgelösten Kampfordnung jeder Legionär mehr oder weniger auf sich gestellt war.
Der Ausgang der Schlacht spricht Bände…die mächtigste Armee mit den bestausgebildetsten Soldaten der damaligen Zeit, verliert mit knapp 20.000 Legionären so gut wie alle Soldaten der drei beteiligten Legionen.
Noch übertroffen wird die Fokussierung auf den Kampf und das „Waffenhandwerk“ und die Glorifizierung von Kriegerhelden und deren Waffen allerdings einige hundert Jahre später, am Übergang von der Antike ins Frühmittelalter, als zum Ende der germanische Völkerwanderung auch die Macht des römischen Imperiums zerschlagen war.
Ganze Völker lebten über Generationen hinweg im Kampf. Jeder Tag konnte die nächste große Schlacht bringen und gut beraten war der, der wehrhaft, vorbereitet und erfahren war.
Legenden und historische Aufzeichnungen berichten gleichermaßen von germanischen Völkerschaften, deren gesamte männliche Bevölkerung quasi „hauptberuflich“ Krieger waren.
Vom Hof des Hunnenkönigs Etzel (Attila) ist bekannt, dass sowohl die eigenen Krieger, als auch diejenigen föderierter Stämme und Völker täglich ganztägig alle Facetten des Kampfes zu trainieren hatten.
Und wie ließe sich der Trainingsstand abseits des Schlachtfeldes besser erproben als in Kampfspielen und sportlichen Wettkämpfen?
Mit dem ‚ALLS WARI DAGS – Kriegerwettstreit‘ wollen wir dieses spezielle Puzzelteil europäischer Geschichte für unsere Mitmenschen erlebbar machen und ihnen einen kleinen Einblick gewähren in stürmische Zeiten, in denen Menschen zu Helden wurden und ihre Waffen zu Legenden.