Geplanter Betrieb des historischen Dorfes, seine identitätsstiftende Funktion für die havelländische Bevölkerung, seine Bedeutung für die Wissensvermittlung und die Bewahrung historischer Nutztierrassen und –pflanzen (Anhang I), sowie für die kulturelle und touristische Infrastruktur der Region
Bedeutung des historischen Dorfes für den Tourismus
Die Stadt Nauen, mitten im Naherholungsgürtel der deutschen Hauptstadt gelegen, ist aufgrund ihrer idealen Lage zu jeder Jahreszeit ein beliebtes und schnell zu erreichendes Ausflugsziel, für Erholungssuchende aus dem Großraum Berlin.
Spätestens wenn im Frühjahr die Tage länger werden und die Temperaturen steigen, strömen die Touristen über die Landstraßen und Radwanderwegen in das Havelland und zwar nicht nur auf der Suche nach kurzweiliger Entspannung und Erholung, sondern vor allem auch um die kulturellen Angebote der Region zu nutzen.
Diesbezüglich hat sich in den letzten Jahren einiges getan im Havelland, dennoch lässt gerade die touristische und kulturelle Infrastruktur noch einiges zu wünschen übrig.
Insbesondere dem geschichtsinteressierten Touristen wird, bis auf die vom „Nauener Nachtwächter“ durchgeführten Führungen durch die historische Altstadt Nauens so gut wie nichts angeboten.
Dabei gibt die Regionalgeschichte so viel mehr her als Ackerbauerkultur, die Quitzows und das Nauener Funkamt.
Gerade im Bereich der Vor- und Frühgeschichte haben die Stadt Nauen und das Havelland, wie auch die gesamte Mark Brandenburg einige interessante Aspekte von nahezu welthistorischer Bedeutung zu bieten. Zumindest die regionalen Impulse auf die Geschichte Europas sind beträchtlich, wenn auch leider einer breiten Öffentlichkeit noch weitestgehend unbekannt.
So wissen heute in der Regel nur Historiker und eingefleischte Geschichtsfans zum Beispiel von der Bedeutung der Langobarden und der aus den einstmals hier ansässigen Semnonen hervorgegangenen elbgermanischen Stämme auf das Ende des römischen Imperiums und damit auf das Ende der Antike und den Beginn des europäischen Frühmittelalters.
Es waren die Völker und Stämme der germanischen Völkerwanderung, die das Europa wie wir es heute kennen, in seiner Frühform prägten. Unter ihnen die aus den Semnonen hervorgegangenen Allamannen und die skandinavischen Gäste von Nauen/Bärhorst, die Langobarden.
Und das ist nur eine der höchst interessanten Geschichtsfacetten des Havellandes, die ein touristisches Publikum durchaus interessieren dürften.
Bereit diese Lücke zu schließen ist der Semnonenbund e.V. mit seinem Projekt „Historisches Dorf GANNAHALL“.
Eine Anlage wie das historische Dorf GANNAHALL ist nicht nur aufgrund seiner Position am grünen Stadtrand von Nauen dazu geeignet, Erholungssuchende zum Verweilen einzuladen, sondern vor allem auch geschichtlich und kulturell Interessierten ein Ausflugsziel zu bieten, bevor oder nachdem sie einen Bummel durch die historische Altstadt unternommen haben und das hoffentlich irgendwann ansprechende Heimatmuseum besucht haben.
Für viele Touristen dürfte unsere Stadt gar erst durch einen geplanten Besuch im historischen Dorf zum Ausflugsziel werden.
Um die touristische Attraktivität der Region weiter zu steigern, wird seitens des Vereins eine zukünftige Vernetzung mit anderen öffentlichen, gewerblichen und gemeinnützigen Trägern, Firmen und Vereinen, wie z. B. dem Tourismusverband, dem Hotel- und Gaststättengewerbe, den Verkehrsbetrieben usw. angestrebt.
Dies dürfte der touristischen und kulturellen Infrastruktur weiteren Auftrieb verleihen.
Der kulturelle Aspekt des historischen Dorfes
Der kulturelle Aspekt von Gannahall soll jedoch nicht ausschließlich über den laufenden Museumsbetrieb des historischen Dorfes erfüllt werden, sondern insbesondere durch eine Reihe von öffentlichen Veranstaltungen, denen die Anlage als Rahmen dienen soll.
Basis dieser noch in Planung befindlichen Veranstaltungsreihe ist das „Konzept der acht Feiertage“.
Dieses fußt im Wesentlichen auf der Idee einer Einbeziehung der mythologischen und spirituellen Welt der vorchristlichen Mitteleuropäer, die geprägt war von einer polytheistischen Naturreligion.
Viele der noch heute im christlichen Glauben enthaltenen Feiertage, wie zum Beispiel das Weihnachtsfest (Jul) oder Ostern (Ostara) entstammen ursprünglich der Kultur dieser Zeit.
Anders jedoch als heute, waren diese Feierlichkeiten nicht an feste Kalendertage gebunden, sondern von bestimmten Konstellationen der damals bekannten Himmelskörper wie Sonne und Mond abhängig, deren Stand am Himmel die damals überaus wichtigen Übergänge der Jahreszeiten kennzeichnete, von denen wiederum die überlebenswichtige Aspekte des Alltags, wie Aussaat, Ernte usw. abhängig waren.
Diese und alle anderen Vorgänge in der Natur wurden mit übernatürlichen Wesenheiten, wie Göttern und Geistern in Verbindung gebracht, deren Bedeutung für die Glaubenswelt der vorchristlichen Germanen in einer möglichst „ganzheitlichen“ und authentischen Darstellung nicht ausgeklammert werden kann.
Im Groben unterscheidet die Forschung vier so genannte „Sonnenfeste“, die die wichtigsten Übergänge im Jahr der vorchristlichen Europäer prägten, nämlich die beiden Tag- und Nachtgleichen am 21.03. (Ostern) und am 21.09. (Erntedank), sowie die Sonnenwenden am 21.06. und am 21.12. und vier so genannte „Mondfeste“, die sich wiederum nach Mondphasen wie Neumond, Vollmond usw. richteten und dadurch auch schwerer fassbar sind.
Für die Veranstaltungsreihe sollen zunächst nur die Sonnenfeste als Basisdaten herangezogen werden, weil sie zu einen durch den dreimonatigen Zyklus sehr praktisch über das Jahr verteilt sind, was sich positiv auf die Organisation derselben auswirkt, zum anderen sind sie auch in der heutigen Zeit durch ihre christlichen Entsprechungen im kollektiven Bewusstsein bestens verankert. Moderne Interpretationen der traditionellen Mondfeste, wie Walpurgisnacht oder Halloween können natürlich zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend eingebunden werden.
Hauptsächlich sollen die oben genannten Daten jedoch keiner strikten Darstellung religiöser oder kultischer Handlungen dienen, sondern vielmehr als Basisdaten für einen historischen Bezug sorgen.
Die eigentlichen Veranstaltungen sollen natürlich sowohl kulturell, als auch konsumtechnisch auf die Bedürfnisse der Besucher abgestimmt werden, denn über diese Veranstaltungen soll sich das Projekt in Zukunft hauptsächlich finanzieren.
Der pädagogische Aspekt des historischen Dorfes
Weiterhin ist das Museumsdorf als Lehr- und Erlebnisort sehr geeignet um unter anderem unterrichtsbegleitend genutzt zu werden.
Schulklassen von Grundschule bis Gymnasium können das Gelände z. B. zu Zwecken des themenbezogenen Geschichtsunterrichtes nutzen. Pädagogen haben die einmalige Gelegenheit, so wertvolle regionale Geschichte anschaulich und gleichsam vor Ort zu vermitteln.
Schul- und Vorschulklassen können von Frühjahr bis Herbst Ausflüge ins Dorf unternehmen um in einer Art Heimatkundeunterricht spielerisch Zugang zu Geschichte und auch Natur ihrer Heimat zu erlangen. Zu diesem Zweck wollen wir einen kleinen Naturlehrpfad anlegen, der auf verschiedene Pflanzen und Tiere hinweist.
Denkbar wäre in Zukunft sogar eine Nutzung des Dorfes oder einzelner Segmente als Ferienlager unter Betreuung ausgebildeter Pädagogen.
Außerdem sollen Kinder und Jugendliche ihren Horizont nicht nur geschichtlich, sondern auch handwerklich erweitern können, indem ihnen unter Anleitung zum Beispiel die Nutzung der historischen Werkstätten, des Kräutergartens usw. ermöglicht wird.
Desweiteren ist für die Tiere im Dorf langfristig die Vergabe von Patenschaften an Kitas und Schulen der Region geplant.