Was ist ALLS WARI DAGS?

‚Alls Wari Dags‘ (germ. auch ‚Allawari Dag‘), kurz AWD, bedeutet „Tag aller Krieger“ und ist bundesweit das erste historische Turnier in „gerüstetem Kampfsport“ mit einer vorrangig sportlichen Ausrichtung.

Mit der Wahl des Namens sollte nicht einfach die Veranstaltung thematisch an das Projekt ‘Gannahall’ angepasst werden, vielmehr war uns daran gelegen an gleich zwei Phänomene der deutschen Frühgeschichte zu erinnern.
Zum Einen an den engen Bezug der suebischen, bzw. ‘elbgermanischen’ Stämme zu ihrem Kernvolk, den Semnonen und deren Tradition der Zusammenkunft, entweder auf dem heiligen Boden ihrer (nicht nur) mythologischen “Urheimat” zwischen Elbe und Oder, vermutlich aus kultisch-religiösen Gründen, aber auch in der Ferne. Wenn die Situation es erforderte, schloss man sich offenbar bevorzugt mit seinesgleichen zusammen und nicht selten entstanden aus solchen Koalitionen nebenbei ganz neue Suebische “Völker”, wovon heute noch Namen wie ‘Markomannen’, “Die Männer an der Grenze” oder ‘Alamannen’, “Alle Männer, bzw. Krieger (…von gleicher Abstammung)” zeugen.

Außerdem soll der Name an die mehr als zweitausendjährige europäische Tradition sportlicher Wettbewerbe in Kampfkunst, bzw. Kampfsport erinnern.

Vorrangiges Ziel war und ist es, einen  Wettkampf nach historischem Vorbild durchzuführen, dessen Anspruch nicht in erster Linie dem Geschmack des Publikums oder der historischen Darstellung, sondern vor allem dem sportlichen Ehrgeiz der Teilnehmer gerecht werden sollte.

Ursprung dieser Idee war die Wahrnehmung, dass die historische Darstellung in Deutschland in weiten Teilen hochwertig, ja nahezu professionell ist, in einigen Bereichen jedoch zu wünschen übrig lässt, sei es beispielsweise die seriöse Einbindung der überaus wichtigen spirituellen Elemente in Darstellungen heidnischer Kulturen…oder eben der Darstellung von kriegerischen Auseinandersetzungen oder Kampf im Allgemeinen.

Uns ist natürlich klar, dass der Alltag und die Konstitution des modernen Menschen keine derartigen körperlichen Höchstleistungen, zumal in Einheit mit einer solchen Perfektion der Kampfkunst, wie sie beispielsweise Julius Caesar in seinen „gallischen Kriegen“ über die suebischen Krieger unter Ariovist beschreibt.
Dennoch war es unser Anliegen, die Entwicklung des „historischen Schwertfechtens“ mit voranzutreiben, weg vom oftmals schlecht choreografierten Schaukampf der klassischen Mittelaltermärkte, hin zu einer möglichst realistischen Darstellung historischen Kampfgeschehens.

Ähnlich wie es bei den sogenannten Rückzüchtungen bereits ausgestorbener Tierarten gehandhabt wird, suchten wir nach den noch existierenden Überbleibseln dieser alten Kunst und konnten schließlich aus der Summe bekannter Fakten aus Archäologie, historischer Überlieferung, sowie der Geschichte von modernem Wettkampf und Kampfsport, das Unbekannte rekonstruieren und etwas Ausgestorbenes wieder zu Leben erwecken…zumindest jedoch ein Abbild erzeugen.
Immerhin ist auch das Heckrind kein Auerochs, es ist ihm nur so ähnlich, wie es seinen Schöpfern möglich war. 😉

Der ‚Alls Wari Dags – Kriegerwettstreit‘ startete 2010 nach einem “Testlauf” im Vorjahr erstmalig unter diesem Namen.

Von Beginn an wurde versucht, neben den eher Kampfsportinteressierten auch ein möglichst breites Spektrum der  Reenactmentszene anzusprechen.
Aus diesem Grund ist das Zeitfenster für die Darstellung der Teilnehmer mit gut zweitausend Jahren auch verhältnismäßig groß gewählt und erstreckt sich grob von 700 vor der Zeitrechnung bis ca. 1300 nach der Zeitrechnung, da innerhalb dieses Rahmens eine ungefähre Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Bewaffnungen und Kampfweisen gegeben ist.

Eine größtmögliche Fairness garantiert die AWD-Wettkampfordnung, welche die Abläufe nach sportlichen Gesichtspunkten reglementiert und diverse Regulierungen vornimmt, um zum Beispiel deutliche Wettbewerbsvorteile zu begrenzen und entsprechend anzupassen.

Ein weiteres Merkmal, welches ‚Alls Wari Dags‘ von anderen ähnlichen Veranstaltungen unterscheidet, ist die hochwertige Prämierung der Sieger.
So wird traditionell jährlich ‚das Damastschwert‘ an den Erstplatzierten des Zweikampfwettbewerbes vergeben.
Dieses variiert in seiner Ausführung von Jahr zu Jahr. Es wurden in der Vergangenheit sowohl frühe germanische Schwerter mit einschneidiger Klinge vergeben, als auch völkerwanderungszeitliche Reiterschwerter oder klassische „Wikingerschwerter“.
Allen gemein ist die hochwertig verarbeitete und kampftaugliche Klinge.
Der Marktwert dieses Preises dürfte je nach Ausführung zwischen 200 € und 400 € liegen.

Im Wettbewerb der Zweikämpfe wird auch der Zweit- und Drittplatzierte prämiert.
Diese Preise unterschieden sich in der Vergangenheit in jedem Jahr, mittlerweile arbeiten wir allerdings an einer durchgängigen Linie und es zeichnet sich ab, dass die 2017 vergebenen Preise in zumindest ähnlicher Form auch in den nächsten Jahren zu gewinnen sind.
So erhielt der Zweitplatzierte 2017 einen Gutschein über 100 €, für ein in traditionellem „Dotwork“ gestochenes Tattoo von POKIN PIRATE TATTOO und der Drittplatzierte einen Bernsteinschmuck nach historischem Vorbild, im Wert von ca. 50 €.

Etwas anders verhält es sich mit der Prämierung der Gruppenkämpfe auf der Brücke.
Bei diesem Wettbewerb wird nur die Erstplatzierte Mannschaft ausgezeichnet.
Der erste Preis für die Siegermannschaft ist der Idee des „Wanderpokals“ nachempfunden und basiert auf dem in historischen Quellen überlieferten Brauch, die Feldzeichen besiegter Gegner oder andere prestigeträchtige Beutestücke als Zeichen des Triumphes für eine gewisse Zeit mit sich zu führen und entsprechend zu präsentieren.

Der „Wanderpokal“ der AWD-Gruppenkämpfe ist, in Anlehnung an den Austragungsort der Wettkämpfe, Gannahall in der Semnonenmark, ein nach archäologischen Vorlagen in authentischer Ausführung gefertigter sechseckiger Schild aus dem ersten Jahrhundert, welcher von den Siegern für den Verlauf eines Jahres als Zeichen ihres Triumphes geführt wird.
Den Umgang mit dieser Trophäe regelt ‚das Schildgesetz‘.

Im Jahr 2016 wurde die Einführung von „Teilnehmermarken“ beschlossen, welche nach vollzogenem Eignungstest („Vorkämpfen“) an die teilnehmenden Kämpfer vergeben werden.
Dies dient einerseits der Markierung der für den Wettkampf zugelassenen Kämpfer und zeichnet den Träger zukünftig als Teilnehmer eines der härtesten Wettkämpfe des Landes aus. 😉

Geschichtlicher Hintergrund

Wer kennt sie nicht, die Geschichten von mittelalterlichen Turnieren, den Tjosten, in denen Ritter nicht nur zur Unterhaltung der Massen oder um die Gunst der adligen Jungfrauen, sondern vor allem auch aus sportlichem Ehrgeiz in Waffen gegeneinander antraten.

Weniger bekannt sein dürfte das so genannte Buhurt, eine Schlacht verschiedener Kriegergruppen mit stumpfen Waffen, in der eine maximale Realitätsnähe zum echten Gefecht erzielt wurde.

Doch kaum Jemand kennt die Ursprünge dieser Wettkämpfe, die deutlich weiter zurückreichen, als in das historisch weitgehend erschlossene Mittelalter.
Immer noch gilt die Ritterschaft als Urheber dieser Art von sportlicher Auseinandersetzung…doch gab es das Training und den Wettbewerb im bewaffneten „Kampfsport“ schon sehr viel früher.

Man kann wohl davon ausgehen, dass es schon bronzezeitliche Kriegereliten gab, doch da es aus dieser Zeit an Überlieferungen mangelt, setzen wir in einer besser dokumentierten Epoche an, der Antike.

Die Wurzeln des bewaffneten Kampfsportes, also der bewaffneten Auseinandersetzung ohne das vorrangige Ziel zu töten, sind im antiken Rom zu finden. Unter der Leitung von Fechtmeistern, den armaturae doctores, entstanden Fechtschulen zur Ausbildung von Gladiatoren, die zur Unterhaltung der Zuschauer Schaukämpfe austrugen.

Doch nicht nur in den Kampfschulen der Arenen wurde trainiert, besonders hart gedrillt wurden auch  die Legionäre des römischen Imperiums.
Da wurde nicht nur exerciert, geschanzt und Formationen geübt, nein, auch die körperliche Fitness der Soldaten und deren Fertigkeiten im Umgang mit ihren Waffen wurden durch ständiges Training geschult und im internen Wettkampf sportlich geprüft, denn im Zweifelsfall musste der Legionär in der Lage sein sich allein, ohne den Schutz seiner Kameraden und den Vorteil einer taktischen Formation zu behaupten.
Und die Gegner waren oftmals gefürchtete, bisweilen aufgrund ihrer Kampfkraft gleichsam vermystifizierte Krieger, denen im Zweikampf nur beizukommen war, wenn man in bester körperlicher und geistiger Verfassung gegen sie antrat und seine Waffen in Perfektion beherrschte.

Solche Gegner waren seinerzeit unsere Vorfahren, die sogenannten Germanen, welche die weiten, den Römern unheimlichen und unbekannten Wälder nördlich des Imperiums, jenseits der Alpen bevölkerten.

Was wissen wir über ihre Fertigkeiten im Umgang mit ihren Körpern und Waffen?
Man braucht überhaupt nicht lange zu recherchieren um einiges Beeindruckende und manches schier Unglaubliche zutage zu fördern.
Verschiedene antike Quellen zeichnen ein Bild vom kriegerischen germanischen Riesen, dessen größte Freude der Kampf und „das Messen der Kräfte“ gewesen sein soll, während sie Arbeit als lästige Zeitverschwendung ansahen…doch dürften solche Darstellungen vor allem der Propaganda gedient haben.
Sicherlich war der überwiegende Teil der germanischen Bevölkerung zum Beginn unserer Zeitrechnung mit ganz alltäglichen Dingen, wie dem Nahrungserwerb, dem Handel oder schlicht seiner Familie beschäftigt, war also eher Bauer als Berufskrieger…allerdings wissen wir auch von Ausnahmen.
Schon Julius Cäsar zeigte sich beeindruckt von den Kampftechniken der suebischen Krieger unter Ariovist und deren unglaublicher Leistungsfähigkeit in der Schlacht.
So wird berichtet, dass die suebischen Krieger, eigentlich ursprünglich in den undurchdringlichen Urwäldern zwischen Elbe und Oder zu Hause, über die ungewöhnlichsten Kampftaktiken zu Pferde verfügten.
Kombinationen wie „3 Krieger – 2 Pferde“, bei denen zwei Reiter einen dritten Krieger, meist einen auf den Kruppen beider Pferde stehenden Lanzenschleuderer in vollem Galopp an die feindlichen Linien brachten, wo er einen Wurfspieß nach dem anderen in den Reihen seiner Gegner versenkte oder „2 Krieger – 1 Pferd“, also „tactical teams“ bei der sich zwei Kämpfer, abwechselnd als Läufer oder Reiter, gegenseitig schützend und taktisch zuarbeiten, erfordern nicht nur ein Höchstmaß an körperlicher Fitness, sondern auch eine entsprechende Routine im Umgang mit ihren Mitteln, ihren Gegnern und den ständig neuen Situationen.

Das sind keine Fähigkeiten, die man mal eben so nebenbei nach Feierabend, auf dem Weg vom Acker an den heimischen Herd übt.

Betrachtet man die Kampfweise der von den Semnonen abstammenden suebischen, bzw. elbgermanischen Stämme schon zum Beginn der römischen Kaiserzeit, kommt man nicht umhin, hier ein intensives multiples Trainingsprogramm vorauszusetzen, denn eins war damals schon so wahr wie heute: Von nichts kommt nichts.

Wie groß die Kampfkraft germanischer Krieger im direkten Konflikt Mann gegen Mann war, verdeutlicht die so genannte Varus-Schlacht, in welcher die Römer gezwungen waren auf ungünstigem Gelände zu kämpfen, welches die üblichen taktischen Manöver nicht zuließ und in der aufgelösten Kampfordnung jeder Legionär mehr oder weniger auf sich gestellt war.
Der Ausgang der Schlacht spricht Bände…die mächtigste Armee mit den bestausgebildetsten Soldaten der damaligen Zeit,  verliert mit knapp 20.000 Legionären so gut wie alle Soldaten der drei beteiligten Legionen.

Noch übertroffen wird die Fokussierung auf den Kampf und das „Waffenhandwerk“ und die Glorifizierung von Kriegerhelden und deren Waffen allerdings einige hundert Jahre später, am Übergang von der Antike ins Frühmittelalter, als zum Ende der germanische Völkerwanderung auch die Macht des römischen Imperiums zerschlagen war.
Ganze Völker lebten über Generationen hinweg im Kampf. Jeder Tag konnte die nächste große Schlacht bringen und gut beraten war der, der wehrhaft, vorbereitet und erfahren war.
Legenden und historische Aufzeichnungen berichten gleichermaßen von germanischen Völkerschaften, deren gesamte männliche Bevölkerung quasi „hauptberuflich“ Krieger waren.
Vom Hof des Hunnenkönigs Etzel (Attila) ist bekannt, dass sowohl die eigenen Krieger, als auch diejenigen föderierter Stämme und Völker täglich ganztägig alle Facetten des Kampfes zu trainieren hatten.
Und wie ließe sich der Trainingsstand abseits des Schlachtfeldes besser erproben als in Kampfspielen und sportlichen Wettkämpfen?

Mit dem ‚ALLS WARI DAGS – Kriegerwettstreit‘ wollen wir dieses spezielle Puzzelteil europäischer Geschichte für unsere Mitmenschen erlebbar machen und ihnen einen kleinen Einblick gewähren in stürmische Zeiten,  in denen Menschen zu Helden wurden und ihre Waffen zu Legenden.

Historie

Sieger 1vs1: Lokeric Fjaedersson

Sieger Gruppe: Tiuteiva

Sieger 1vs1: Lokeric Fjaedersson

Sieger Gruppe: Tiuteiva